Hochwasser
Der Kulturgarten in Döllnitz steht komplett unter Wasser.
(BILD: PETER WÖLK)
Artikelbericht aus der MZ vom 02.06.2013
VON ULJANA WUTTIG-VOGLER
Döllnitz : Land unter, wohin man schaut. Nach der anfänglichen Hoffnung am
Sonnabend, von den Fluten der Weißen Elster verschont zu bleiben, spitzte sich
die Hochwassersituation am Sonntag in Döllnitz zu. Der Ernst-Thälmann-Platz, der
Kulturgarten, wo der Heimatverein seinen Sitz hat, die Elstergasse, der Vogelsang
und der Gutshof sind überflutet, das Wasser steht mindestens 50 Zentimeter hoch.
30 bis 40 Häuser stehen im Wasser, der „Vogelsang“ ist komplett abgeschnitten.
Vorsorglich hatte ein Teil der Einwohner bereits am Samstag die Autos
weggefahren. Wer nicht daran gedacht oder es nicht geschafft hatte, hatte gestern
keine Chance mehr dazu. Und ein Ende des Regens war nicht in Sicht.
„So etwas habe ich noch nicht gesehen. Und ich lebe schon 50 Jahre hier im Ort“,
sagte eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht nennen wollte. „Das letzte
Hochwasser hatten wir hier im Jahr 1954, aber da soll es nicht so schlimm wie
dieses Mal gewesen sein“, konkretisierte Ortsbürgermeister Günter Sachse
(SPD). Zeitweise musste sogar die Kanalisation abgestellt werden, weil sie
vollzulaufen drohte. Das Problem konnte dann allerdings beseitigt werden, indem
die Kanalisation angehoben wurde.
Sachse zeigte sich sehr stolz auf seine Feuerwehrleute und die Einwohner. „Alle
waren sehr flexibel und haben mit angepackt“, um die schwierige Situation in den
Griff zu bekommen. Rund 100 Einwohner hatten allein am Morgen innerhalb von
nur einer Stunde 25 Tonnen Sand in kleine Säcke gefüllt und abtransportiert. Rund
60 Feuerwehrleute von den Wehren Döllnitz, Lochau und Burgliebenau waren im
Einsatz. „Die Gemeinde Schkopau hat alles aufgeboten“, um uns zu helfen“,
unterstrich der Ortsbürgermeister.
Günter Sachse zeigt, wie hoch das Wasser im Heimatstübchen stand.
(BILD: PETER WÖLK)
DÖLLNITZ/MZ
.
Nach der Flut, ist vor der Flut - das was sich zwar niemand
wünscht, ist in dem vom Hochwasser besonders schwer getroffenen Ort Döllnitz
aus Selbstschutz aber zu einer Philosophie geworden. Man baut im wahrsten Sinne
des Wortes vor, um beim nächsten Ernstfall nicht schon am ersten Tag knöcheltief
im Wasser der Weißen Elster zu stehen: Ein gut 80 Zentimeter hoher Schutzwall
aus alten Sandsäcken soll errichtet werden.
Entschlossen läuft Ortsbürgermeister Günter Sachse durch den Kulturgarten des
Heimatstübchens direkt am Ufer der Weißen Elster. Sein kurzer Marsch stoppt an
einem Haufen gebrauchter Sandsäcke, die sich vor der Grundstücksmauer auftürmen.
„Die schmeißen wir nicht weg, die wollen wir noch gebrauchen“, erklärt Sachse und
zeigt auf die Schwachstelle, an der die Flutkatastrophe Ende Mai ihren Lauf nahm.
„Als es jenem Donnerstag so stark regnete, ging das schon am Abend los, dass hier das
Wasser reinlief“, sagt der Ortsbürgermeister. Während er sich um die eigene Achse dreht,
zeigt er die Straßenzüge, die am ersten Juniwochenende allmählich in den braunen
Fluten verschwanden. Schuld ist eine mehrere Meter breite Lücke zwischen zwei Mauern
direkt am Flussufer. „Wenn wir die schließen, bleibt uns beim nächsten Mal mehr Zeit“,
glaubt Sachse. Bei der Gemeinde in Schkopau habe er bereits den Bauantrag gestellt.
Dutzende Sandsäcke sollen an dieser und einer weiteren Stelle vor dem Grundstück des
Heimatstübchens verbaut werden. „Dann kommen Erde und spezielle Grassamen dazu -
in Hohenweiden hat man damit gute Erfahrungen gemacht“, erzählt Sachse. Hätte der 80
Zentimeter hohe und etwa ein Meter breite Schutzwall schon jetzt gestanden, wäre das
Heimatstübchen vielleicht nicht so schwer beschädigt worden, meint er.
„So hoch hat das Wasser gestanden“, erklärt Sachse und markiert die Stelle an der
Wand irgendwo in Kniehöhe. Nicht nur die Einrichtung, sogar das Fundament des
Hauses wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Fußboden fühlt sich an wie
Gummi, hat sich vollgesaugt mit Wasser. Erst am vergangenen Freitag konnte mit der
Trocknung des Hauses begonnen werden - die Höhe des Schadens ist noch nicht
abzuschätzen. „Die Versicherung ist aber sehr bemüht“, versucht Sachse der Misere
noch etwas Gutes abzugewinnen.
Artikelbericht aus der MZ vom 30.06.2013
Michael Bertram